Nizza/Monaco
Es fängt schon wieder an, dieses eigenartige Kribbeln in der Bauchgegend. Ausgelöst wahrscheinlich durch das ständige Zusammentragen von Gegenständen und Kleidung, welche sich bereits wieder im Arbeitszimmer zu türmen beginnen.Ein untrügliches Zeichen der bevorstehenden Abreise. Der wahrscheinlich schwierigste Teil dabei ist es, den „Haufen“ soweit zu verkleinern, dass er erstens in den Rucksack passt und zweitens ich ihn auch tragen kann. Leider veranlasst mich das momentane Wetter in Österreich eher dazu, weitere warme Kleidung bzw. wasserabweisende Sachen mitzunehmen. Trotz des unbedingten Willens, nur das wirklich Notwendigste einzupacken, komme ich nicht darum herum, den 65l Rucksack mit einem zusätzlichen Stauraum (wasserdichte Tramperrolle) zu erweitern. Wird spannend, wie ich damit zurechtkommen werde. Fredi scheint diese Probleme bereits gelöst zu haben. Ist schon fertig und bereit zur Abreise. (Ob da alles dabei eingepackt ist?!?)
Egal. Was wir vergessen haben brauchen wir auch nicht tragen. Und wir werden ja sehen, ob wir mit dieser Einstellung durchkommen. Der Vorteil unserer Wanderung auf der Via Alpina ist ja jener, dass wir jederzeit absteigen und einkaufen gehen können. Sind doch beruhigende Aussichten.
Losgehen tut es jetzt am 03.Juli 2009 mit dem Flug von Wien nach Nizza. Dort werden wir uns „aklimatisieren“ und noch einmal das Dolce Vita an der Cote d’Azure erleben. Dann geht es mit der Bahn weiter nach Monaco und dort beginnt unser Abenteur Across the Alps. Dabei wird unser Trekkingsystem wieder unser ständiger Begleiter sein und unsere tägliche Position übermitteln. Die Tagesettappen dabei werden jedoch deutlich geringer ausfallen, als dies mit dem Mottorrad durch Afrika oder dem Segelboot über den Atlantik der Fall war. Geplant ist dabei aber nicht ein Wettrenen von Monaco nach Wien, sondern wir wollen die Einzigartigkeit der Alpen und die Ursprünglichkeit seiner Bewohner erleben und schätzen lernen. Schön wäre es natürlich, wäre die Sonne und nicht der Regen unser ständiger Begleiter. Wie es uns auf dieser Reise geht und was wir alles erleben,werde ich wieder in den Tagebüchern festhalten. Berg Heil!
Los gehts
Beweg di endlich, du blader Kerl! Huelf endlich mit und tua a amoi wos, sunst bleibst afoch do. Und er bewegt sich immer noch nicht sondern grinst bloed zuruck. So aehnlich war die Kommunikation zwischen uns und unseren Rucksaecken in den ersten Tagen unserer Tour. Begonnen hat noch alles relativ einfach mit dem Flug von Wien nach Nizza. Aber es hat bereits begonnen schweisstreibend zu werden, als wir in Monte Carlo beim Start der Tour de France mit dem schweren Gepaeck auf den Grimaldipalast marschiert sind. Wir wollten unbedingt an den Startpunkt der Via Alpina. Und der lag nun mal nicht am Hafen. Aufgrund des heissen und schwuelen Wetter fuhren wir die erste Etappe von Menton nach Sospel mit dem Bus. Eine weise Entscheidung. Waeren wahrscheinlich irgendwo auf der Strecke verendet. Ich eher als Fredi, da meine Kondition nach der Atlantikueberquerung nahezu Null war. Ab Sospel ging es mit der anfangs beschriebenen Konversation dann wirklich zur Sache. Ueber Moulinet-Col de Turin-Le Boreon-Isola 2000 sind wir jetzt in Pietraporzio im Vale Stura. Eine Qual mit dem schweren Gepaeck. Wir beschliessen, die Rucksaecke nochmals zu durchforsten. Haben heute ein Packet nach Wien geschieckt, wo wir uns von Klettergurte, Steigeisen Seil und warmer Unterwaesche entledigt haben. Planen unsere Tour jetzt so, dass wir diese Sachen sicher nicht brauchen. Es war einfach zuviel Gewicht, was wir da schleppten. Morgen geht es dann wieder weiter ins naechste Tal. Das Problem hier in Italien ist, dass die wenigsten Huetten offen haben. Wir muessen daher jedesmal wieder ins Tal absteigen um zu naechtigen. Geht ja jetzt alles viel leichter. Richtig schlank, die blade Sau. (Rucksack!!)
Koerper/Kueche/Internet
Interessant, was so ein Koerper eigentlich aushaelt. Wichtig war, den Inhalt des Rucksacks soweit zu reduzieren, dass ein langes Gehen damit ueberhaupt moeglich wurde. Zu Beginn ist mir regelmaessig die rechte Huefte eingeschlafen, da der Rucksack genau auf irgendeinen Nerv gedrueckt hat. Dann zieht man die Tragegurte noch fester und verlagert somit die Schmerzen von der Huefte in die Schultern. Und der Ausspruch: Nach einer Woche hast du dich an den Rucksack gewoehnt stimmt bei mir auch nicht. Er ist, obwohl schon wesentlich abgespeckt, immer noch schwer. Was bei unserer Tour besonders zu tragen kommt ist die Tatsache, dass wir von einem Tal ins andere Tal gehen. Steile Taeler und hohe Berge belasten besonders beim Hinuntergehen das Gebein. Bei mir ist es das linke Knie, bei Fredi der rechte Knoechel. Gehen beide bereits mit Strumpf. Nutzt aber nicht wirklich. Knie und Knoechel sind am Abend immer angeschwollen. Da hilft auch ein Ruhetag nicht wirklich. Ist einfach zu wenig, um den Koerper wirklich regenerieren zu lassen. Blasen gibt es dafuer keine an den Fuessen. Haben uns gut verpflastert. Und der Rest geht schon. Muss halt ein bisschen beissen. Auch der taegliche Wecker an Fedis Uhr wird zum Feind. Du willst nicht aufstehen. Du weisst aber genau, dass es dir nichts nutzt, dich unter der Decke zu verkriechen. Wir wollen nach Chamonix und das bedeutet taegliches Hatschen. Da ist es dann schon sehr gut zu zweit zu sein. Alleine bliebe ich an so manchen Tagen liegen. Fredi ist da so herrlich gnadenlos…
Der Vorteil ueber die Berge von Tal zu Tal zu gehen ist natuerlich, dass du immer genuegend zu essen hast. Und da ist die Kueche im Piemont ein wahres Gedicht. So ein Abendessen besteht schon aus bis zu 8 Gaengen und dauert halt auch dementsprechend lange. Du brauchst auch dein Essen nicht auszusuchen. Es gibt nur ein Menue. Angenehm fuer uns, da wir die franzoesische Speisekarte sowieso nicht lesen koennen. Abgenommen haben wir dadurch sicher nicht.
Das Thema Internet ist in diesen Bergtaelern kein Thema. Es geht offensichtlich auch ohne. Der letzte Beitrag war am PC vom Gemeindeamt in Sambuko geschrieben. Jetzt zurueck in der Tourismusmetropole Chamonix habe ich freien Internetzugang im Hotel. Angenehm.
Erstes Ziel: Chamonix
Wir sind tatsaechlich in Chamonix, unserem ersten grossen Etappenziel, angekommen. Ich kann mich noch gut daran erinnern, wie wir in Monte Carlo den Startpunkt der Via Alpina gefunden und fotografiert haben. Gut dass wir damals nicht wussten, was 4 Wochen gehen in den Alpen bedeutet. Wir haben einfach eine Karte nach der anderen herangenommen und sind der von Fedi erstellten Planung von Sueden in den Norden gefolgt. Einmal hiess es Via Alpina, dann wierder GTA. Via Alpina ist eine franzoesische Erfindung und der GTA gehoert den Italienern. Wir haben beides verwendet, oder sind komplett anders gegangen. Wichtig fuer uns war immer die Richtung in den Norden um das erste Ziel, Chamonix, zu erreichen. Getroffen haben wir in den ersten 4 Wochen sehr wenige Leute. Und wenn, gingen alle von Norden in den Sueden. Unsere Richtung hat keiner so wirklich verstanden. Erst als wir ihnen erklaerten, dass wir nach Hause gehen, kam so etwas wie Verstaendniss auf. Was sie sich aber sonst noch gedacht haben, moechte ich nicht wissen. Waren aber immer nett und hoeflich. Quartier zu finden war nie ein Problem. Uns wurde dazu immer gleich Halbpension angeboten, was wir natuerlich gerne annahmen. (Waren froh, uns am Abend nicht mehr bewegen zu muessen) Womit du natuerlich auch so deine Probleme hast, ist das abschaetzen von Entfernungen. Da gehst du tagelang und wenn du dann auf die Karte blickst, sind es gerade mal 2 Zentimeter die du geschafft hast. Frustrierend. Da war fuer mich die Uebernachtung in den Bergen auf der Riffugio Riposa ein sehr wohltuendes Erlebniss. Sonnenuntergang, keine Wolke am Himmel, rund um dich Berge und Richtung Osten blickst du in die Poebene und schaust auf Turin hinunter. Und da wird dir schon klar, was du eigentlich fuer eine Strecke zurueckgelegt hast. Nizza liegt ja wirklich nicht gleich neben Turin. Und die Berge der italienischen Alpen haben halt mal die unangenehme Eigenschaft hoch und steil zu sein. Was du am Vormittag hinaufschnaufst, wanderst du am Nachmittag wieder hinunter. Und leider hast du dabei den ganzen Nachmittag Zeit, dir die steile Flanke des naechsten Aufstieges anzusehen..
Wir machen jetzt Pause bis am 10. August und lassen unseren Koerper einmal ausruhen. Am Abend des 10. August treffen wir Heinz und Wolfgang in Chamonix, wo wir Teil 2 starten: Die Besteigung des Mont Blanc
Mont Blanc
Wenn du in Chamonix bist und aufblickst, siehst du rund um dich nur Berge. Wunderschoene, hohe Berge. Der Aussichtsberg schlechthin ist der Aiguille du Midi . Mit einer Hoehe von 3842m und bequem mit der Seilbahn erreichbar, liegt dem Touristen die Bergwelt zu Fuessen. Fast. Denn da gibt es ihn. Den Mont Blanc und mit 4810m hoechster Berg der Alpen. Wir, das sind Heinz, Wolfgang, Fredi und ich starteten unser Abenteuer Mont Blanc am 12. August. Dabei fuhren wir mit dem Auto nach Les Houghes und von dort mit Seil- und Zahnradbahn auf 2300m. Bis jetzt alles schnell und bequem. Das sollte sich aendern. Von der Bergstation stiegen wir auf zur Tete Rousse auf 3100m, wo wir unser Lager bestellt hatten. Relativ neue Huette aber bis auf den letzten Platz ausgebucht. Abendgegessen wird in 3 Schichten. Gefruehstueckt um 01:30 und dann Abmarsch. Klarer Himmel und nicht kalt. Los gehts. Ueber Felsen, teilweise mit Stahlseilen versichert, geht es auf die Goudethuette. Wir trinken etwas Tee, legen die Steigeisen an und gehen ab jetzt angeseilt. Vorbei an einer kleinen Zeltstadt und einer Lichterkette an Stirnlampen folgend, geht es Richtung Cole du Gourdet und Refuge Vallot (4382m). Die Sonne strahlt vom blauen Himmel, Bergsteiger kommen dir bereits vom Gipfel entgegen und du bist muede und spuerst die duenne Luft. Weiter, es sind ja nur mehr 500 Hoehenmeter. Ueber den schmalen Bossesgrat, vielen kurzen Pausen, stehen wir kurz vor Mittag auf 4810m. Es ist gelungen. Wir stehen auf dem Mont Blanc und blicken auf die Berge unter uns. Eine fantastische Aussicht, ein unbeschreiblich schoener Moment fuer uns 4!